12. Juli 2010
Wenn ich die Welt verändern will, brauche ich als aller erstes ein Faxgerät – so habe ich gedacht, als ich von zuhause auszog. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich das Fax auspackte, die Rolle mit dem Thermopapier einlegte, den Stecker in die Telefonbuchse drückte – und wartete. Jetzt muss doch ein Fax kommen, oder? Es kam keines. Über Stunden. Fast 20 Jahre später ist die große Zeit des Telefax vorbei. Mein Fax steht noch in der Ecke und arbeitet die letzten verbliebenen Thermorollen auf. Im- und Export-Angebote dubioser Anbieter, Schuhputzmaschinen, Radarwarngeräte oder Kunststoffweihnachtsbäume, all das wollen mir die Absender andrehen. Allein wenn jemand mit „Fax“ anfängt, klappe ich meine rote Altworttonne auf. Faxen ist out. Letztens hing ich jedoch in der Telefonanlage eines börsennotierten Unternehmens fest. Stets die automatische Stimme, welche Ziffer zu drücken ist, wenn ich dies oder das wünsche. Das dauert. Und nervt. Und am Ende kommt doch die säuselnde Stimme eines Callcenter-Mitarbeiters. Der verrät mir dann eine weitere Service-Hotline, die in meinem Fall weiterhelfen kann, er könne es nämlich nicht. Fein. Also von vorne: „… dann drücken Sie bitte die Drei …“, „ … dann drücken Sie bitte die Sieben…“ – der Sprachcomputer schwitzt und müht sich, mir zu helfen. Am Ende spricht dann doch ein Mensch. Und was er mir rät, lässt tief blicken: „Bitte schicken Sie uns ein Fax, die E-Mails gehen bei uns so leicht verloren.“ Da habe ich im Vorbeigehen sacht über mein altes, fast ausrangiertes Fax gestrichen. Es darf noch bleiben, auch wenn es die Welt so wenig verändert hat.
Tim Birkner