Bruckner von der Westküste
Er wäre heuer 174 Jahre alt geworden, und lebte er noch, würde er immer noch an seinen Werken feilen. Sein Name: Anton Bruckner. Seine Romantische, die vierte Symphonie, wird in einer neuen Sony-CD von Esa-Pekka Salonen und dem Los Angeles Philharmonic Orchestra gespielt. Es ist eine amerikanische Produktion, die mit ihrer Art, Klang zu gestalten, den Mythos um Bruckner, ja, seinen Kultstatus zelebriert. Diese Vierte Symphonie in Es-Dur ist ein guter Einstieg in die Welt Anton Bruckners. Freudiger und strahlender ist keine seiner anderen Symphonien. Die meisten sind Ausdruck seiner Niedergeschlagenheit. In der Romantischen ist Bruckner auf langsame Tempi bedacht. Nichts hat Eile. Der Klang des Orchesters soll wirken. Die verschiedenen Klangfarben sollen sich langsam zu einem Bild vermischen. Jede Instrumentengruppe bekommt ihre Chance, sich klanglich die Seele aus dem Leib zu spielen, und die Musiker des Los Angeles Philharmonic Orchestra tun genau dies. Die Bläser und Streicher halten sich streng an das Korsett der Partitur und erzeugen dadurch eine riesige Spannung. Da rennt niemand auf die besonders schönen Stellen hin, sondern jeder beugt sich Bruckners Duktus, und es entstehen so große musikalische Bögen. Oft beginnen sie im unhörbaren Pianissimo und bauen sich zu einem imposanten Fortissimo des Orchesters auf. Daß die Instrumentalisten ihr Handwerk beherrschen, versteht sich von selbst: Die Intonation der Holz- und Blechbläser ist vorbildlich. Jedes Solo zeigt das aufs Neue. Mit dieser CD kommt ein jüngerer Dirigent, Esa-Pekkka Salonen, dort an, wo Bruckner die Türen zu Lebzeiten verschlossen blieben, in den Herzen und Ohren der Musikwelt. Diese CD wird Kult werden für die Brucknerianer, und die Einspielung bietet allen anderen eine hervorragende Gelegenheit, Bruckner einmal ins Wohnzimmer einzuladen. (sony)