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Mehrgenerationenhaus Bad Rodach

Constanze Hedrich wird das Mehrgenerationenhaus künftig leiten. Sie wird die Angebote koordinieren und den Bad Rodachern jeden Alters die Türe aufhalten. FOTO: Tim Birkner

18. November 2006

VON TIM BIRKNER

Im Mehrgenerationenhaus in Bad Rodach soll geredet, geplant und geholfen werden. "Wir wollen die Kraft und das Geld in Menschen investieren, nicht in Bauwerke", sagt beispielsweise die stellvertretende Kreisvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Roswitha Friedrich.

BAD RODACH - Wer aus 904 Initiativen ausgewählt wird, darf stolz sein. Wer der Erste in Bayern ist und noch dazu nicht in München sitzt, darf sich doppelt freuen. In Bad Rodach präsentierte gestern die AWO zusammen mit ihren Netzwerkpartnern das Konzept für das Bad Rodacher Mehrgenerationenhaus.

Dabei geht es um einen Treffpunkt, an dem geredet und gelernt werden kann, an dem Tipps ausgetauscht und Verbindungen geschaffen werden. Zum Beispiel können Jugendliche, die am Anfang ihres Berufslebens stehen und einen Ausbildungsplatz suchen mit einem Paten zusammengebracht werden, der am Ende seines Berufslebens steht. Alt hilft Jung. So können Erfahrungen aus einem ganzen Leben weitergegeben aber auch die Nöte von heute hautnah miterlebt werden.

Die Jungen können beispielsweise Betagte oder Hochbetagte ins Theater begleiten, Spaziergänge unternehmen oder einfach nur zuhören. Jung trifft Alt.

Bad Rodach ist vom Familienministerium auserwählt worden, weil das Konzept offenbar stimmte, weil es ein Vorbild für die folgenden Mehrgenerationenhäuser sein könnte. 40 000 Euro fließen dafür jährlich von Berlin nach Bad Rodach, maximal fünf Jahre lang.

"Wir haben sicherlich davon profitiert, dass wir mit der Initiative Rodachtal bereits grenzüberschreitend arbeiten und dies auch mit dem Mehrgenerationenhaus tun wollen. In Heldburg ist nämlich ebenfalls eines geplant", sagte Bürgermeister Gerold Strobel.

Die Geschäftsführerin der AWO im Kreis Coburg, Ingrid Klingler-Joppich, betonte für die Familienangebote, dass das Mehrgenerationenhaus Nischen suche und bediene. Zum Beispiel eine Mutter, die nur einmal in der Woche eine Betreuung für ihr Kind suche. Zum Beispiel ein dringender Arztbesuch und keine Oma vor Ort.

Das Netzwerk aus Stein ist bereits vorhanden: Der bestehende AWO-Treff als Zentrum und in unmittelbarer Nähe, das Haus des Gastes mit dem Heimatmuseum, das Jugendzentrum, die Turnhalle, die Bücherei, die Grundschule. Das Konzept fügt sie alle an- und ineinander, sodass nur noch Menschen fehlen, die das Netz auch nutzen.

Das Netz aus Köpfen und Ideen ist am Entstehen: Die Arbeiterwohlfahrt als Träger zusammen mit der Stadt Bad Rodach, mit der Initiative Rodachtal, mit dem Amt für Jugend und Familie, mit der Grund- und Hauptschule, mit dem Jugendzentrum, der Fachhochschule, dem Gesundheitsamt und der Firma Habermaaß, mit dem Jobcenter Coburg-Land, der Initiative 50plus und dem Seniorenbeauftragten des Landkreises. Sie alle stehen mit ihrem Erfahrungsschatz bereit und wollen an dem Netzwerk des Mehrgenerationenhauses mitarbeiten.

Dabei ist trotz allen Engagementes eine bittere Pille zu schlucken: "Wir können hier außer der Leitung keine Arbeitsverhältnisse anbieten", gestand Klingler-Joppich. Die AWO setzt auf Ehrenamt und auf 1,50-Euro-Jobs. Wenn professionelle Hilfen vermittelt werden, können die natürlich durchaus auch Geld kosten. Als Beispiele nannte sie Hausaufgabenhilfen oder häusliche Hilfen für Hochbetagte. Doch der Kern des Netzwerkes wird nach dem Motto "Einer hilft dem Anderen" funktionieren. So wie heute bereits die Computerkurse für Senioren im AWO-Treff ablaufen. Dort helfen Laien anderen Laien. Der Erfolg stellte sich beim AWO-Treff schnell ein. Nach einem Jahr bereits ist das monatliche Pensum auf 70 Veranstaltungen mit 400 Leuten angewachsen.

Für das Mehrgenerationenhaus gilt das Gleiche: Die Bürger entscheiden, ob sie das Netzwerk nutzen wollen. Die Bürger entscheiden damit auch, ob das Haus dauerhaft Bestand haben wird. Jetzt schicken sich die Beteiligten, die ersten Projekte zu verwirklichen. Denn am 4. Dezember kommt Bundesministerin Ursula von der Leyen und möchte "die praktische Arbeit vor Ort" sehen.

Die geplanten Angebote im Überblick:

 

1. Krabbelgruppe und Kinderbetreuung, Babysitterdienst, Oma-Opa-Vermittlung.

2. Gemeinsamer Mittagstisch von Jung und Alt, Hausaufgabenbetreuung, Einzelförderung, Abhol- und Begleitservice.

3. ?Geschichten schenken?

4. Sprachförderung von Migrantenkindern und deren Eltern, Integrationsangebote.

5. Berufscoaching von Jugendlichen durch Senioren

6. Häusliche Hilfen für Hochbetagte, Kulturbegleitservice

7. Gesundheits- und Ernährungsberatung.

8. Beteiligungsformen und Innovation: Runder Tisch, Lokales Bündnis für Familie, Jugendforum.

9. Kooperation mit Unternehmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Kontakthalteangebote während der Elternzeit, flexible Arbeitszeitmodelle.

10. PC- und Internetkurse für Frauen und Mädchen.

11. Stärkung der Erziehungskompetenz, Online-Familienberatung.

12. Bad Rodacher Film-Treff, Kooperationsprojekte zwischen Schule, kommunaler Jugendarbeit und dem Mehrgenerationenhaus.

13. Vernetzung mit sozialen Diensten, Sozialraumkonzept.

14. Studentinnen- und Studenten-Service

 

 


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