Der blaue Stein
Mittelalterliches Rätselfieber
Da ist ein Geheimnis zu lüften, eine Art Stein der Weisen zu suchen. Eine Tafel aus Saphir, in die alle Antworten auf die großen Fragen der Menschheit eingemeißelt sind. Jemand versteckt diese Tafel und schickt seine drei besten Freunde auf die Suche: einen Rabbi, einen Scheich und einen Franziskanermönch. Drei Weltanschauungen prallen aufeinander. Meinungsverschiedenheiten sind vorprogrammiert und stehen an jedem Tag der monatelangen Suche auf der Tagesordnung. Sie necken, und sie streiten sich. Sie sticheln, und sie schütteln die Köpfe über die vermeintliche Unwissenheit der anderen. Aber trotz aller Gegensätze sind die drei aufeinander angewiesen. Denn sie müssen ein Rätsel lösen, das so angelegt ist, dass das Wissen aller drei Männer nötig ist. Aber damit nicht genug. Mächtige Männer wissen von der Suche der drei Gelehrten und verfolgen sie. Außerdem ist eine Frau im Spiel, die dem jungen Franziskaner den Kopf verdreht. Gilbert Sinoue gelingt es von der ersten Seite an, das Rätselfieber in seinem Leser zu erwecken. Er versetzt ihn nach Spanien Mitte des 15. Jahrhunderts. Das Dilemma des Buches ist reizvoll: Drei Männer, die sicher sind, allein recht zu haben, lernen Toleranz. Die religiösen Dispute der drei Eigenbrötler lassen einen schmunzeln. Die Weisheit des Alters und der ungestüme, hellwache Verstand der Jugend ergänzen sich zum Erstaunen der drei hervorragend. Intrigen, Zweifel aneinander, Misstrauen und zart reifende Freundschaften bettet Sinoue zum einen in eine spannende historische Kulisse und Sprache und zum anderen in ein überaus raffiniertes Rätsel.
Gilbert Sinoue: Der blaue Stein (525 Seiten). Knaur. Droemersche Verlagsanstalt München 1998. Nr. 61020. 16,90 Mark.