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Wofür bürgen unsere Städte?

10. Oktober 2008

Coburg – Der Bund bürgt. Die Kanzlerin sagt, sie bürge für uns, doch die Bürgschaften gehen natürlich an Banken, nicht an Bürger. Warum können die Kanzlerin und ihr Finanzminister mal eben für 26 Milliarden für die HypoRealEstate bürgen, ohne einen Parlamentsbeschluss zu haben? Ganz "ohne" gaht es natürlich nicht. MdB Carl-Christian Dressel (SPD) kann dies mit dem verabschiedeten Haushaltsgesetz begründen. Dort sind nicht nur die Ein- und Ausgaben der einzelnen Ministerien geregelt, dort ist auch die maximale Kreditaufnahme festgeschrieben und im Paragrafen 3 auch die sogenannten Gewährleistungsermächtigungen. Dort heißt es: „Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, Bürgschaften, Garantien oder sonstige Gewährleistungen bis zur Höhe von insgesamt 300 000 000 000 Euro zu übernehmen...“.

Bis zu 300 Milliarden ohne eigenen Beschluss

Das sind 300 Milliarden Euro, für die der Finanzminister bürgen darf, ohne nocheinmal extra ins Parlament zu müssen. Der Jahreshaushalt des Bundes beläuft sich auf rund 287 Milliarden Euro. Mehr als ein ganzes Haushaltsjahr darf der Bund also zusätzlich an Garantien geben. Die Abgeordneten der Bundestages haben das so genehmigt. Für den Haushalt 2009 ist sogar eine Erhöhung um 8,5 Milliarden geplant. Da ist also noch Luft für die angeschlagen Banken drin. Im Privaten hieße das, dass ein Arbeitnehmer für mehr als sein jährliches Brutto-Einkommen bürgen würde.

Doch wofür bürgen eigentlich unser Landkreis und unsere Kommunen vor Ort? Die Bürgschaften des Bundes wie der Kommunen sind in der Haushaltssumme nicht dabei. Für sie bürgt die Stadt, die Gemeinde, der Kreis oder der Bund zusätzlich. Im Regelfall erlöschen die Bürgschaften nach einer bestimmten Zeit, ohne dass irgend eine Zahlung erfolgt ist. Die Haushalte werden nur belastet, wenn die Bürgschaft in Anspruch genommen werden muss. Dann kommt in der Regel die Bank auf den Bürgen zu, weil bei dem Kreditnehmer nichts mehr zu holen ist.Der Landkreis Coburg hat einen Gesamthaushalt von rund 66 Millionen Euro. Er bürgt für 25 Millionen Euro, also etwa ein Drittel seines Jahresbudgets. Die höchste Bürgschaft mit über 10 Millionen Euro hat der Kreis der Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises Coburg gegeben. Der Artikel 72 der Gemeindeordnung regelt die Bürgschaften. Dort heißt es: „Die Gemeinde darf Bürgschaften, ... nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen. Die Rechtsgeschäfte bedürfen der Genehmigung ...“Kein Bürgermeister oder Kämmerer darf also ohne Zustimmung des Stadtrates Bürgschaften eingehen. Auch die Rechtsaufsicht - im Falle der Gemeinden das Landratsamt - muss zustimmen.

Bürgen für Wohnungen und Stadtwerke

Die Große Kreisstadt Neustadt bürgt für ihre Stadtwerke. 2,83 Millionen sichert sie dem kommunaleigenen Betrieb ab. Insgesamt bürgt die Stadt für 2,85 Millionen. Der Haushalt beläuft sich auf rund 32 Millionen Euro. Die Bürgschaft ist also weniger als zehn Prozent des Jahresbudgets.

In Bad Rodach beträgt der Gesamthaushalt rund 18 Millionen Euro. Eine einzige Bürgschaft hat die Stadt derzeit. Mit 1,8 Millionen bürgt sie für Kredite, die die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises aufgenommen hat, um Wohnungen in der Römhilder und Meininger Straße zu modernisieren. „Wir haben dem nicht leichtfertig zugestimmt, sondern der Stadtrat hat sich genau überlegt, ob er das tun kann und will“, so Bürgermeister Gerold Strobel. Ausschlaggebend war, dass die Bürger von Bad Rodach davon einen Vorteil hätten. Für die Kredite bürgt zur Hälfte die Stadt, zur anderen Hälfte der Landkreis.

Ähnlich sieht es in Ebersdorf aus. Auch hier geht die größte Einzelbürgschaft (2,2 Millionen Euro) an die Wohnungsbaugesellschaft. „Bürgschaften müssen einem öffentlichen Zweck dienen. Alles andere ist heute undenkbar“, sagt Bürgermeister Bernd Reisenweber. In Ebersdorf gibt es für Sportplätze noch aus früherer Zeit kleinerer Bürgschaften, die aber Stück für Stück enden.

Die Stadt Seßlach bürgt unter anderem für das Seniorenheim der Flenderschen Spitalstiftung, die Fernwärme Seßlach und den Dorfladen Heilgersdorf. „Wir haben die Zuschüsse für das Seniorenheim nur bekommen, wenn wir das Haus 25 Jahre lang im Bestand erhalten“, erklärt Bürgermeister Hendrik Dressel die Entscheidung für eine Bürgschaft. Doch im Falle des Seniorenheimes bürgt die Stadt nicht für eine bestimmte Summe, sondern für den Betrieb. Sollte am Jahresende ein Defizit entstehen, wäre die Stadt verpflichtet dieses auszugleichen. „Bislang ist das aber noch nicht vorgekommen“, so Dressel. Anders sieht es bei dem Hackschnitzelheizkraftwerk aus. Ähnlich wie die Stadtwerke in Neustadt noch im mehrheitlichen Besitz der Stadt sind, ist auch die Fernwärme Seßlach, die das Hackschnitzelheizkraftwerk betreibt, mehrheitlich im Besitz der Stadt. Das macht die Bürgschaft über rund eine Million Euro überhaupt erst möglich.

Die Stadt Rödental bürgt insgesamt für rund 1,5 Millionen Euro. Das sind etwa fünf Prozent des Haushaltes. Bürgermeister Gerhard Preß betont: „Bürgschaften sind ein kreditähnliches Geschäft.“ Daraus können Zahlungsverpflichtungen erwachsen. Dieses Risiko muss bekannt sein, wenn Stadtrat und die Aufsichtsbehörde eine Bürgschaft genehmigen. Rödental bürgt für mehrere Vereine, meist im Bereich zwischen 15 000 und 20 000 Euro. Die größte Einzelbürgschaft (1,2 Millionen) geht auch in Rödental an die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises.

Bürgschaften sind ohne Zahlung erloschen

Großheirath ist von jeder Last einer Bürgschaft frei. „Wir bürgen momentan für niemanden“, so Bürgermeister Udo Siegel. Früher seien gelegentlich Bürgschaften an Vereine gegeben worden, damit sie an Zuschüsse beispielsweise des Landessportbundes gekommen sind. Doch in Großheirath sind alle solchen Bürgschaften inzwischen erloschen. Die Gemeinde musste für keine einzige einspringen und haften.

Meeder war auch in der Vergangenheit sehr geradlinig. Die Gemeinde hat ebenfalls keine Bürgschaften übernommen. Auch Anfragen von Vereinen zur Übernahme von Bankbürgschaften hatte der Gemeinderat stets abgelehnt.

Dörfles-Esbach ist die einzige schuldenfreie Gemeinde im Landkreis. Auch sie hat momentan keine Bürgschaften.

 Tim Birkner


Texte aus dem Coburger Land

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